Erstens: Es tut mir schrecklich leid,
dass ich schon wieder so lang keine Einträge gemacht habe. Aber die
letzten Monate war ich eigentlich die ganze Zeit im Krankenhaus und
habe sehr oft Nachtschichten gemacht. Dann war ich 3 Wochen mit
meinen Eltern reisen und so vergeht die Zeit...
Also fangen wir mal an, das Geschehene
aufzuarbeiten.
Als letztes war ich in der Curación,
davon habe ich euch ja schon erzählt. Dann war ich einen Monat auf
der Station der Inneren Medizin und noch einen Monat wieder in der
Chirurgie.
Die Arbeit dort hat unglaublich Spaß
gemacht und ich habe mal wieder viel dazu gelernt!
Und im März kam dann schon meine
Familie!
Als ich sie vom Flughafen abgeholt habe
– das war ein unglaubliches Gefühl! Ich hatte sie so lang nicht
mehr gesehen. Einer der glücklichsten Momente in meinem Leben kann
ich euch sagen!
Und dann ging unsere Reise auch schon
los! Zuerst fuhren wir nach Samaipata um dort im Amboro Nationalpark
ein paar Tage zu verbringen. Wir blieben in einem Refugio, welches
wirklich mitten im Nirgendwo lag und wo man von elektrischem Licht
noch nichts gehört hatte. Aber es war wunderschön!
Dann ging's weiter ins Zentrum von
Samaipata wo wir einen unglaublichen Farnwald besichtigen durften,
echt erstaunlich, das Farne so alt werden können!
Am nächsten Tag ging es auf nach Sucre
– die weiße Stadt. Dort konnten sich meine Eltern erst mal
akklimatisieren, denn wir hatten noch einige andere Dinge geplant!
In Sucre gibt es ein Museum in dem man
Dinosaurier-Spuren betrachten kann. War ganz nett aber der Guide
hatte bei weitem mehr Elan als wir alle zusammen! :D
Nach ein paar schönen Tagen in Sucre
fuhren wir weiter über Potosí nach Uyuni. In Potosí besuchten Mama
und Jakob noch die Mienen, Papa und ich jedoch hielten uns nett
lächelnd in möglichstem großen Abstand von dieser Angelegenheit!
Wir verbrachten eine Woche im Salar,
den ich ja schon kannte und besuchten die verschiedenen Lagunen.
Meine Familie die die Höhen nicht gewöhnt war, hatte ab und an
einige Problemchen, doch irgendwie schafften wir es durch die
Salzwüste!
Dann ging es weiter nach La Paz wo wir
den Hexenmarkt besuchten und natürlich um unser Leben shoppten und
schon ging es weiter mach Beni, ein nördlich gelegener Teil von
Bolivien. Dort besuchten wir Trinidad und wurden zu einem Hausboot
gebracht, welches auf dem Fluss Mamorei auf und ab fuhr. Auf diesem
Boot verbrachten wir eine Woche, die meiner Meinung nach die beste
des ganzen Urlaubs war!
Wir durften uns mit Schwimmreifen durch
den Amazonas treiben lassen, haben Kaimane mitten in der Nacht
gesucht, Ausritte auf Pferden gemacht, Kakaobohnen geerntet und wilde
Touren durch das Flussbett des Amazonas gemacht, Affen und rosa
Flussdelfine beobachtet und tausend Dinge mehr! Es war einfach
wunderschön!
Der Abschied von meiner Familie war
schwer aber meine Mitbewohner waren immer an meiner Seite.
Und dann ging es zurück ins
Krankenhaus!
Ich fing an in der Consulta Externa zu
arbeiten. Das ist ein Bereich des Krankenhauses, wo postoperative
Patienten kontrolliert werden und jederzeit Personen kommen dürfen,
die medizinische Sprechstunden wünschen. Ich war dort in der
Pädiatrie und habe dort mit verschiedenen Ärzten zusammen
gearbeitet, Kinder untersucht, Rezepte geschrieben, Laborberichte
ausgefüllt und so weiter. Er brachte mir vieles bei und lernte mit
mir zusammen. Nach einem Monat kehrte ich zurück in die Notaufnahme,
weil es mir einfach am meisten Spaß gemacht hatte! Dort wechselte
ich die letzten Monate immer zwischen der Wundversorgung und
Observation.
Es war eine wirklich intensive Zeit in
der ich nochmal mehr machen durfte als zuvor. Ich hatte in der
Observation meine eigenen Patienten und musste diese versorgen. In
der Wundversorgug fungierte ich
als vollwertiger Pjler, und nähte, säuberte und versorgte alle
Arten von Wunden.
Mehrmals begab ich mich mit dem
Krankenwagen zu anderen Krankenhäusern um Patienten zu verlegen,
oder zu verschiedenen Untersuchungen zu begleiten, die in unserem
Krankenhaus nicht durchgeführt werden konnten.
Auch durfte ich noch mehrmals mit in
den OP um bei verschiedenen Notoperationen zuzusehen.
Die Zeit war unglaublich und genoss
jede Sekunde.
Auch wenn es manchen merkwürdig
vorkommen mag ich war im 7. Himmel!
Ich liebte liebte liebte meine Arbeit
dort und das Krankenhaus war wie eine zweite oder eben dritte Familie
für mich geworden. Ich kann gar nicht in Worten beschreiben warum
und wieso und wenn ich die Gründe versuchen würde aufzuzählen,
dann müsstet ihr euch auf etwas jahrzehntelang dauerndes gefasst
machen.
Die Endzeit war deswegen so intensiv,
da man einfach alle Leute kannte und die Sprache konnte und die
Abläufe kannte. Leute trauten einem beinahe alles zu, Auch
Reanimationen!!!
Man war einfach total drin und umso
schlimmer wurde der Abschied...
Am 14. Juli 2015 um 14.50 sollte mein
Jahr vorbei sein.
Ich muss sagen in den letzten zwei
Wochen wünschte ich mir nichts mehr als einfach endlich nach Hause
zu kommen. Ein Jahr kann schon sehr lang sein. Das Land ging mir auf
den Keks.
Immer noch hatten wir Ratten, Mäuse
und Kakerlaken in der Küche, und der Abfluss hatte ein Eigenleben
entwickelt. Die Klamotten schimmelten nach wie vor und es regnete
seit gefühlten 3 Monaten. Und es war kalt! 18 Grad!
Nur das Krankenhaus konnte das
entschädigen.
Doch je näher der tatsächliche
Abschied rückte, desto mulmiger wurde mir. Wie konnte dieses Jahr so
schnell vorbei gehen?! Hatte ich schon alles gesehen?! Wie ist es so
zurückzukommen?
Nach einer kleinen Abschiedsfeier wurde
klar, der Abschied würde wer weiß nicht so einfach werden. Die
meisten kennen mich ja ganz gut, und das ich eine kleine sensible
Ader hab ist nur allzu gut bekannt. Als die Sonne am Tag des
Abschieds aufging war ich schon fertig mit den Nerven. Wie sollte ich
mich von so vielen Menschen verabschieden die mir so unendlich
wichtig geworden waren?! Wie sollte ich einfach alles hinter mir
lassen? Natürlich ging das nicht ohne eine halbe Regenzeit
hervorzurufen. Ich heulte wie ein Schlosshund um ehrlich zu sein. Als
ich mit Klara das Krankenhaus verließ machten wir uns mit einem
komischen Gefühl auf zum Bus. Nie wieder würden wir diesen Weg
entlang gehen. Manchen Menschen würden wir nie wieder über den Weg
laufen. Ein merkwürdiges Gefühl. Oje, schon darüber zu schreiben
fällt mir schwer.
Am Abreisetag wachte ich um halb 6 auf.
Ich konnte keine Minute mehr ruhig liegen. Ich setzte mir nach
draußen in unseren Hof und sah zu wie die Sonne langsam aufging. Den
anderen erging es nicht anders. Irgendwann saßen wir zu viert
nebeneinander, alle mit einem unwohlem Gefühl im Magen. Wie um
Himmels willen konnte ein Jahr so schnell vorbei gehen. Viki war
übrigens schon am 7. geflogen...
Um 11 Uhr stand Nacira vor unserer Tür
mit Melissa und Pablo, zwei Freunden von uns. Sie brachten uns zum
Flughafen. Ein letzter Blick wanderte durch das leergeräumte
Zimmer...
Es war vorbei.
Der Weg zum Flughafen zog sich ewig und
war doch viel zu schnell vorbei.
Am Schalter mussten wir alle nochmal
zittern, denn das Maximalgewicht hatten wir alle leicht
überschritten...Aber ganz ehrlich! Wie soll man sich nach 1 JAHR auf
23 kg beschränken?! Frechheit!
Als auch das geschafft war hieß es nur
noch warten. Warten ist echt schlimm wenn man nicht weiß worauf.
Einerseits freute ich mich wie irre meine Familie und meine Freunde
wiederzusehen. Andereits: wie konnte ich das hier alles zurücklassen.
Ich hatte mir ein eigenes Leben aufgebaut und als es am schönsten
war ließ ich es einfach liegen.
Den Abschied werde ich jetzt ganz
bewusst nicht beschrieben sonst müsst ihr gleich auch alle heulen.
Es war nicht schön!
Der Flug nach Deutschland war wie ein
Zeitraffer, indem das ganze Jahr noch einmal an mir vorbei zog. Wenn
man noch im Flugzeug ist, dann ist alles noch so surreal. Aber sobald
wir in Frankfurt landeten war es vorbei. Das Jahr war vorbei, wir
waren wieder zurück. Tina und ich fuhren mit dem Zug nach Köln und
wurden dort von unseren Familien und Freunden abgeholt. Trauer
mischte sich mit Freude und letztendlich überwog letztere. Meine
Familie hatte ich ja erst letztens gesehen, aber als ich meine
Freunde sah konnte ich mich nicht mehr halten. Sie in die Arme zu
nehmen war das schönste was es gab! Man hatte ich sie vermisst. Auch
als wir uns stritten welchen Weg wir zurück nach Aachen nehmen
würden, konnte ich nur schmunzeln. Man o man hatte ich die alle
vermisst.
Zuhause angekommen war eigentlich alles
wie gewohnt...zumindest fast alles.
Mein altes Zimmer, mein altes Bad, mein
altes Zuhause. War es noch mein Zuhause?
Wie kann ich einfach zurück kommen?
Wie kann ich einfach zurückkommen nach allem was ich erlebt und
gesehen habe.
Deutschland und Bolivien – zwei
Länder die unterschiedlicher nicht sein können. Ich bin jetzt seid
zwei Wochen wieder zurück. Angekommen bin ich immer noch nicht.
Irgendwie fühlt sich alles nicht ganz richtig an. Man ist zwar hier
und nimmt alles wahr, aber ein Teil befindet sich immer noch
woanders. Es wird auch noch dauern bis ich wieder voll am Start bin.
Ein Jahr ist lang. Sehr lang.
Aber das wird schon! Übernächste
Woche kommt noch das Nachbereitungsseminar und dann ist es endgültig
vorbei...Aber daran wollen wir noch nicht denken.
Bis Bald!
Eure Clara
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Refugio |
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Samaipata |
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Surce |
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Potosí |
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Salar |
|
Beni |
|
Meine Organisation?! |
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Begrüßungsfrühstück in der WG |
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Refugio |
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Sucre |
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salar |
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La Paz |
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Beni |
Die Krankenhausbilder folgen morgen! :)